Erbrechtsreform 2017 § Änderungen & Erweiterungen
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Erbrechtsinfo Redaktion
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- Am 01. Jänner 2017 trat die Erbrechtsänderungsgesetz von 2015 in Österreich in Kraft, die unter anderem inhaltliche Veränderungen mit sich brachte.
- Die Änderungen betreffen unter anderem das Pflichtteilsrecht, Enterbungsgründe, das Testamentvorgaben sowie das Pflegevermächtnis.
- Die neuen Formvorschriften für das fremdhändige Testament inkludieren einen Nachweis der Identität der Zeugen und einen Zeugenzusatz.
Änderungen im Zuge der Erbrechtsreform
Am 01. Jänner 2017 trat das Erbrechtsänderungsgesetz von 2015 in Kraft, welches nicht nur Erneuerungen am Inhalt mit sich brachte, sondern auch einige Modernisierungen an unterschiedlichen Begriffen und der allgemeinen Sprache. Das bedeutet, dass alle Todesfälle die sich nach dem 31.12.2016 ereigneten, gemäß § 1503 Abs 7 ABGB, unter das neue Gesetz fallen. Einerseits wurden Erweiterungen der Testamentvorgaben gemacht, andererseits auch Änderungen bezüglich des gesetzlichen Erbrechts inklusive des Pflichtteils und der Anerkennung von Pflegeleistungen. Wesentliche Veränderungen gab es in folgenden Bereichen:
- Gewillkürte Erbfolge:
- Erweiterung der Formvorschriften für das fremdhändige Testament
- Gesetzliches Erbrecht:
- Änderungen im Pflichtteilsrecht
- Erweiterung der Enterbungsgründe
- Außerordentliches Erbrecht und Vorausvermächtnis des Lebensgefährten
- Einführung des Pflegevermächtnisses
- Schenkung auf den Todesfall
Erweiterung der Formvorschriften für das fremdhändige Testament
Zu den bisherigen Formvorschriften für das fremdhändige Testament kommt hinzu, dass der Erblasser dieses nicht nur eigenhändig unterschreiben, sondern auch zusätzlich handschriftlich bestätigen muss, dass die Urkunde seinem letzten Willen entspricht. Drei Zeugen müssen während der gesamten Testamentsaufsetzung anwesend sein. Gemäß §579 Abs 2 S2 ABGB müssen die Zeugen den Inhalt des Testaments nicht kennen. Zudem muss die Identität der Zeugen nun auf der Urkunde ersichtlich sein. Das bedeutet, dass bei Testamenten die fremdhändig mit dem Computer oder handschriftlich verfasst wurden folgende Informationen auf der Urkunde festgehalten werden müssen:
- Vor- und Familienname der Zeugen
- Geburtsdatum der Zeugen
- Adresse der Zeugen
- Eigenhändig geschriebener Zeugenzusatz mit Unterschrift
Änderungen im Pflichtteilsrecht
Vor allem für Personen, die keine letztwillige Verfügung verfasst haben, ist der gesetzliche Pflichtteil von großer Bedeutung. Im Jänner 2017 hat sich diesbezüglich einiges geändert. Einerseits wird der gesetzliche Pflichtteil nur noch unter den direkten Nachkommen sowie dem Ehegatten aufgeteilt. Außerdem haben eingetragene Partner ebenfalls Anspruch auf den Pflichtteil. Lebensgefährte haben ein „außerordentliches“ Erbrecht, wenn es keinen gesetzlichen Erben gibt, aber die Lebensgemeinschaft schon mindestens 3 Jahre vor dem Ableben besteht.
In diesem Fall hat der Lebensgefährte Anspruch auf das gesetzliche Vorausvermächtnis, welches auf ein Jahr befristet ist. Eltern und weitere Vorfahren wie Großeltern haben seit der Reform des Erbrechts 2017 keinen Pflichtteilsanspruch mehr. Darüber hinaus kann der Pflichtteil um 50% reduziert werden, wenn zwischen Erblasser und Pflichtteilsberechtigten mindestens 20 Jahre kein Kontakt bestand.
Im Zuge der Änderungen im Erbrecht, wurde auch die Möglichkeit der Pflichtteilsstundung auf eine Dauer von 5 Jahren angepasst. In Ausnahmefällen kann die Dauer sogar auf 10 Jahre ausgeweitet werden. Außerdem bekommen Pflichtteilsberechtigte den gesetzlichen Zinssatz von 4 %. Die Pflichtteilsstundung verhindert die Zerschlagung von Vermögenswerten. Dies erleichtert beispielsweise die Unternehmensnachfolge und den Erhalt eines Unternehmens.
Bei der Erbrechtsreform 2017 gab es auch Änderungen bezüglich der Anrechnung von Schenkungen. Mindestens ein Viertel des gesamten Vermögens muss vererbbar (frei von Schulden) sowie für den Pflichtteilsanspruch bleiben. Greift eine Schenkung auf den Todesfall in dieses Viertel ein, ist die Schenkung unwirksam. Sehr häufig werden solche „Schenkungen“ angefochten, da zu diesem Zeitpunkt oftmals der Vermögensbetrag noch nicht klar ist.
Erweiterung der Enterbungsgründe
Bis Dezember 2016 galt der Entzug des Pflichtteils umgangssprachlich oft als Enterbung. Der Pflichtteil konnte dem Pflichtteilsberechtigten entzogen werden, wenn dem Verstorbenen zu Lebzeiten eine gerichtlich strafbare Handlung mit einer Strafdrohung von mindestens einem Jahr begangen wurde. Seit der Reform des Erbrechts 2017 zählt eine Straftat gegen einen nahen Angehörigen des Erblassers ebenfalls als Grund für eine Enterbung. Außerdem zählt eine grobe Vernachlässigung der familienrechtlichen Pflichten gegenüber dem Verstorbenen als Enterbungsgrund. Des Weiteren ist der Enterbungsgrund bei anstößiger Lebensart 2017 entfallen.
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Pflegevermächtnis
Das Pflegevermächtnis wurde 2017 eingeführt und soll Pflegeleistungen in Österreich abgelten. Begünstigt sind insbesondere nahe Angehörige, die zumindest in den letzten 3 Jahren erhebliche Pflegeleistungen erbracht und dafür kein Geld bekommen haben oder im Nachlass bedacht wurden. Das Pflegevermächtnis kann im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens durch einen Antrag auf Pflegevermächtnis beantragt werden. Die Höhe des Pflegevermächtnisses wird anhand folgender Faktoren berechnet:
- Art der Pflege
- Dauer der Pflege
- Umfang der Leistungen
- Höhe des bereits bezogenen Pflegegeldes
Schenkung auf den Todesfall
Wer kein widerrufliches Testament erstellen will oder das Vermögen zu Lebzeiten übertragen will, hat die Möglichkeit, einen Schenkungsvertrag auf den Todesfall abzuschließen. Dem Geschenknehmer wird dadurch versprochen, dass im Falle des Todes des Geschenkgebers eine schenkungsweise Übertragung eines Vermögensanteils an den Geschenknehmer durchgeführt wird. Dieser Vertrag gilt jedoch erst beim Ableben des Geschenkgebers. Eine Schenkung auf den Todesfall unterliegt den Regeln der Hinzu- und Anrechnung der Schenkung unter Lebenden und ist in § 781 ABGB geregelt.
So hilft ein Anwalt rund um die Erbrechtsreform
Ein Anwalt für Erbrecht berät Sie nicht nur zu allen Themen der Reform des Erbrechts, sondern kann Ihre Fragen auch detailliert beantworten. Müssen Sie nach einer Scheidung ein neues Testament aufsetzen, kann Ihnen ein Anwalt dabei behilflich sein. Außerdem kann er im Falle eines fremdhändigen Testaments die Prüfung der neuen Formvorschriften übernehmen. Falls Sie Ihren Anspruch auf den Pflichtteil beim Erbe überprüfen lassen wollen, kann er Ihnen ebenfalls behilflich sein. Wollen Sie ein Pflegevermächtnis beantragen, kann Ihnen ein Anwalt bei der Beantragung helfen. Er wird Sie darüber aufklären, welche Dokumente Sie für den Antrag benötigen.Finden Sie in unserer Anwaltssuche den passenden Anwalt
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