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Enterben § Gründe, Vorgehensweise & mehr

Nicht immer herrscht innerhalb einer Familie Einigkeit. Oftmals bestimmen schwerwiegende Streitigkeiten den Alltag. Dies kann sogar zu bei Lebzeiten verfügten Enterbungen führen. Kinder und Ehepartner von Verstorbenen haben einen Pflichtteilsanspruch. Jedoch gibt es die Möglichkeit, unter bestimmten Umständen diesen gesetzlich vorgeschriebenen Erbteil gänzlich zu entziehen. Dazu müssen bestimmte Gründe vorliegen. Welche Enterbungsgründe in Österreich das genau sind, was genau der Begriff “enterben” eigentlich bedeutet und was das Enterben in Österreich bewirkt, erfahren Sie im folgenden Artikel.

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Erbrechtsinfo Redaktion
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Das Wichtigste in Kürze

Grundsätzliches zur Enterbung

In Österreich sieht das Gesetz vor, dass nahe Verwandte mit einem gesetzlich geregelten Pflichtteilsanspruch am Nachlass beteiligt werden. Dies gilt für die eigenen Kinder und den eigenen Ehepartner. Dieser Pflichtteilsanspruch kann den Angehörigen nicht einfach willkürlich verweigert werden. Will man also Pflichtteilsberechtigte rechtswirksam enterben, muss man dafür bestimmte, gesetzlich festgelegte, schwerwiegende Gründe vorbringen. Auch muss dies explizit bei der Testamentserstellung festgehalten werden. Denn eine Enterbung ist nur bei besonders schwerwiegendem Fehlverhalten des betreffenden Verwandten möglich. Dieses kann mit einem verwerflichen oder strafbaren Handeln gegenüber dem Erblasser oder auch in der eigenen Lebensführung begründet sein.

Was bedeutet der Begriff „enterben“?

In vielen angelsächsischen Ländern kann ein Erblasser völlig frei über sein Erbe entscheiden. Hier muss zum Enterben keine besondere Verfügung getroffen werden, es reicht aus, bestimmte Personen einfach im letzten Willen zu übergehen. Beim Enterben in Österreich hingegen steht nahen Verwandten grundsätzlich gesetzlich ein Pflichtteil am Erbe zu, der begründet entzogen werden muss. Dabei steht den eigenen Kindern und dem Ehepartner als Pflichtteil mindestens die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs zu.

Diese Regelung greift immer dann, wenn kein Testament vorhanden ist oder ein bestehendes Testament ungültig ist. Hierbei steht einem Ehepartner mindestens die Hälfte von einem Drittel der Erbmasse und einem Kind mindestens die Hälfte von zwei Dritteln zu, wenn nur ein Kind vorhanden ist. Der Erblasser kann also nur über den verbleibenden Teil des Erbes frei verfügen, es sei denn, er hat besondere Gründe, diesen Verwandten durch Enterbung den Pflichtteil zu entziehen. Deshalb ist Enterben nur in besonders begründeten Fällen möglich. Familienangehörige enterben bedarf einer begründeten und ausdrücklichen Verfügung.

Was bewirkt eine Enterbung?

Wird ein naher Verwandter vom Erbe ausgeschlossen, verliert er alle Ansprüche auf ein Erbe. Die Enterbung schließt ihn damit aus der gesetzlichen Erbfolge vollständig aus. Dabei wirkt die Enterbung jedoch nur direkt gegenüber den Enterbten, seine Nachkommen sind nicht betroffen von der Verfügung und weiterhin subsidiär pflichtteilsberechtigt.

Gut zu wissen
Folgen der Enterbung für die anderen Erben
Wird ein gesetzlich Pflichtteilsberechtigter wirksam enterbt, steigen dadurch auch die Ansprüche der übrigen Pflichtteilsberechtigten.

Gründe für eine Enterbung

Will ein Erblasser einen Pflichtteilsberechtigten enterben, ist dies in Österreich möglich, jedoch an gesetzlich festgesetzte Enterbungsgründe gebunden, die nachweisbar und überprüfbar sein müssen. Eine Erbunwürdigkeit muss deshalb klar beweisbar sein. Es liegt demnach in der Hand eines jeden potentiellen Erbberechtigten, seinen Anspruch auf den Pflichtteil nicht zu verwirken, indem er keine die Erbunwürdigkeit begründenden Handlungen setzt.

Durch die abschließende Regelung der Enterbungsgründe im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch wird der Erblasser davor geschützt, sein Vermögen an Verwandte übergeben zu müssen, die ihm nicht nahe stehen und ihm eventuell auch geschadet haben. Zu den wichtigsten Handlungen, die Erbunwürdigkeit begründen, gehören strafbare Handlungen gegen den Erblasser oder seine Familienmitglieder. Zusätzlich kann eine Vernachlässigung familiärer Pflichten oder ein Mangel an Pflege und Fürsorge im Bedarfsfall zur Erbunwürdigkeit führen. Auch Fälschung oder Unterdrückung von Testamenten und Vermächtnissen können Enterbungsgründe im Sinne des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) sein, sowie ein verschwenderischer und sittenwidriger Lebensstil. Die wichtigsten Enterbungsgründe kurz zusammengefasst:

  • Eine strafbare Handlung gegen den Erblasser, die mit mindestens 1 Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist.
  • Straftaten gegen andere Familienmitglieder des Erblassers
  • Eine familienfremde Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren und mehr bedroht ist.
  • Vernachlässigung der Pflege des Erblassers
  • Manipulation oder Fälschung des letzten Willens des Erblassers.
  • Das Zufügen von körperlichem oder seelischem Leid.
  • Ein verschwenderischer Lebensstil, hohe Schulden oder Suchtverhalten
  • Fehlender bzw. mangelnder Kontakt über viele Jahre (Halbierung des Pflichtteils)
Gut zu wissen
Beweislast des Erblassers
Bei einer Enterbung obliegt die Beweislast für die vorgebrachten Gründe dem Erblasser. Er muss nachweisen, dass die Enterbung rechtmäßig ist. Grund sowie auch der Beweis müssen im Testament dokumentiert sein.

Strafbare Handlungen gegen den Erblasser

Begeht ein Pflichtteilsberechtigter eine strafbare Handlung gegen den Erblasser oder auch gegen den Ehepartner, Kinder oder Geschwister des Erblassers, kann dies ein rechtmäßiger Grund zum Enterben sein. Hier kommt als Grund das Enterben wegen grobem Undank in Frage. Wird dabei die Handlung mit Vorsatz begangen, kann dies zu einem sofortigen Enterben in Österreich führen. Dies gilt für den Fall, dass die Tat mit mindestens einjähriger Freiheitsstrafe strafrechtlich geahndet wird. Ferner kann auch eine andere Straftat gegen Personen außerhalb des Familienkreises, für die ein Strafrahmen von 20 Jahren Freiheitsstrafe gilt, ein Enterbungsgrund sein.

Gründe für eine Enterbung von Kindern überprüfen lassen

Vernachlässigung familiärer Pflichten

Seit dem Jahr 2017 ist es auch möglich, Angehörige wegen der Vernachlässigung familienrechtlicher Pflichten zu enterben. Dabei spielen besonders bei älteren Familienmitgliedern eine Unterlassung der Hilfestellung oder eine absichtliche Ignoranz des letzten Willens des Erblassers eine große Rolle. Hierzu zählt auch die bewusste Fälschung oder Manipulation eines Testamentes. Diese Gründe für ein Enterben kommen in der Praxis in Österreich häufig vor und ermöglichen es einem Erblasser, sein Vermögen nicht an Personen übertragen zu müssen, die sich nicht um die familienrechtlichen Pflichten gekümmert haben.

Mangelnde Pflege und Unterstützung

Gerade bei älteren Personen sind Betreuung und Pflege ein wichtiges Thema. Dabei sind mögliche Erben und Familienmitglieder dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass eine angemessene Pflege und Betreuung älterer Familienmitglieder sichergestellt ist. Dies kann die eigene Pflegeleistung sein oder auch die Organisation von Pflegepersonal oder einem Platz in einem Pflegeheim. Kommt ein naher Verwandter dieser Verpflichtung nicht nach und wird ggf. sogar eine Vernachlässigung der pflegebedürftigen Person festgestellt, kann dies ein Enterben rechtfertigen. Besonders relevant wird dies, wenn es sogar zu körperlichen oder seelischen Beschwerdesymptomen aufgrund Vernachlässigung kommt. Fehlende oder mangelhafte Fürsorge ist damit ein wichtiger Grund beim Enterben in Österreich.

Enterbung in “guter Absicht”

Bei einer Enterbung „ in guter Absicht“ kann ein Nachlass davor geschützt werden, in die Hände eines Erbberechtigten zu fallen, der einen sehr verschwenderischen Lebensstil pflegt. Auch eine Drogensucht kann hier relevant sein, sowie ein Enterben wegen Schulden. Durch das Enterben soll sichergestellt werden, dass durch das Vermögen des Erblassers keine gesetzeswidrigen oder selbstzerstörerischen Handlungen unterstützt werden. Das Gesetz sieht hier eine anstößige Lebensweise als rechtmäßigen Grund für das Enterben in Österreich vor, die sogar den Pflichtteil betreffen kann.

Durch einen anstößigen und verschwenderischen Lebensstil wird angenommen, dass ggf. die Kinder des Erbberechtigten nur noch ein sehr geringes oder gar kein Erbe mehr aus der Erbmasse erhalten werden. In diesen Fällen ist es möglich, den Erbteil direkt an ein Enkelkind zu übergeben. Dabei wird dann eine Enterbung zugunsten einer nachrangig erbberechtigten Person vollzogen, die wiederum in einem engen Verwandtschaftsverhältnis zu dem Enterbten steht.

Vorgehensweise beim enterben

Um richtig Enterben zu können, empfiehlt es sich, eine Enterbung ausdrücklich im Testament zu benennen. Dies beugt einer Fehlinterpretation des letzten Willens des Erblassers vor. Dabei ist beim Enterben im Testament der kausale Zusammenhang zwischen Enterbungsgrund und Enterbung ausdrücklich und verständlich darzulegen. Da der Enterbungsgrund beim Enterben in Österreich bewiesen werden muss, ist es sinnvoll, bereits zu Lebzeiten Belege für den Grund zu sammeln und den anderen Erben zu übergeben.

Alternative sanfte Enterbung (Pflichtteilsminderung)

Ein anderes Mittel zum Enterben in Österreich ist die sogenannte „ sanfte Enterbung“. Hierbei wird der Pflichtanteil des Erbberechtigten um die Hälfte gekürzt (auch Pflichtteilsminderung genannt). Diese Möglichkeit zum Enterben steht dem Erblasser in Fällen zu, in denen bereits seit langen Jahren kein Kontakt zum Erbberechtigten bestand.
Möglichkeit einer Minderung des Pflichtteils überprüfen lassen

Streitfall stillschweigende Enterbung

Eine stillschweige Enterbung kann durch den Erblasser verfügt werden, indem er den Pflichtteilsberechtigten im Testament übergeht. Damit das Enterben hierdurch wirksam werden kann, muss der Beweis für eine Erbunwürdigkeit später zwingend erbracht werden. Dafür muss ein anderer Erbe durchsetzen, dass der enterbte Pflichtteilsberechtigte nichts aus der Erbmasse erhält. Will der Enterbte nicht freiwillig auf sein Erbe verzichten, muss vom Gericht geklärt werden, ob ein ausreichender Enterbungsgrund vorliegt.

Kann man eine Enterbung widerrufen?

Eine Enterbung im Testament kann auch widerrufen werden. Ändert der Erblasser seine Meinung, kann er das alte Testament für ungültig erklären, dieses ändern oder ein neues Testament aufsetzen. Beim Enterben in Österreich ist grundsätzlich das letzte Testament gültig, sofern es wirksam ist. Wird ein Widerruf der Enterbung durch den Erblasser nicht veranlasst, so kann der Enterbte immer noch die Enterbung anfechten.

Anfechtung einer Enterbung

Ist ein Erbberechtigter nach der gesetzlichen Erbfolge in einem Erbe übergangen worden, kann er dagegen vorgehen und die erfolgte Enterbung anfechten. Hierfür muss er seine Ansprüche gegenüber den Erben im Verlassenschaftsverfahren oder einem Pflichtteils Verfahren vor Gericht geltend machen. Dabei wird dann geprüft, ob ein rechtmäßiger Grund für die Enterbung vorliegt. Dies muss beim Enterben in Österreich von den anderen Erben bewiesen werden. Gelingt Ihnen dies nicht, kann zumindest der Pflichtteilsanspruch zugunsten des Enterbten durchgesetzt werden. Dafür sollte man die Hilfe eines erfahrenen Rechtsanwaltes für Erbrecht in Anspruch nehmen.

So unterstützt ein Anwalt rund ums enterben

In Österreich sieht das Erbrecht bewusst vor, dass Pflichtteilsberechtigte besonders geschützt werden sollen. Will man also einen Ehepartner oder Kinder enterben, so ist es zunächst einmal unverzichtbar, die eigenen Beweggründe rechtlich überprüfen zu lassen. Denn nur wenn die Begründung für den Entzug des Erbanspruchs im Sinne des österreichischen Erbrechts zulässig ist, kann rechtswirksam enterbt werden. Ein Anwalt für Erbrecht prüft die Zulässigkeit ihres Beweggrundes und bewertet für Sie die dazu vorliegenden Nachweise. Zudem berät er Sie ausführlich, wie die Enterbung vorgenommen und in welcher Art sie erfolgen soll.

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FAQ: Enterben

Ein Ausschluss vom Erbe ist in Österreich bei nahen Verwandten (Pflichtteilsberechtigten) nur aus wichtigem Grunde und im Sinne des §769 ABGB) möglich. Zudem muss der Enterbungsgrund nachweisbar und mit den gesetztlichen Begründungen übereinstimmend sein.

Eine vollständige Enterbung ist grundsätzlich möglich, erfordert jedoch schwerwiegende Verfehlungen des Erben im Sinne des §770 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB).

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