Pflegevermächtnis § Anspruch, Höhe & mehr
Seit dem Erbrechtsreform im Jahre 2017 steht nahestehenden Personen eines Verstorbenen, die diesen bis zum Tod gepflegt haben ein Anspruch auf Pflegevermächtnis zu. Dieses Pflegevermächtnis in Österreich ist laut § 677 ABGB eine Abgeltung von Pflegeleistungen im Rahmen des Gesetzlichen Erbrechts. Im folgenden Artikel erfahren Sie alles rund um das Thema Pflegevermächtnis. Sie erhalten Informationen zur Geltendmachung des Pflegevermächtnisses sowie zu den Voraussetzungen für den Erhalt eines Pflegevermächtnisses. Außerdem finden Sie im Beitrag hilfreiche Tipps rund um das Pflegevermächtnis in Österreich.
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Redaktion
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- Das Pflegevermächtnis wurde mit der Erbrechtsreform 2017 eingeführt.
- Es soll erbrachte (kostenlose) Pflegeleistungen honorieren.
- Anspruchsberechtigt sind nahe Angehörige
- Die Geltendmachung hat im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens zu erfolgen.
- Höhe des Anspruchs sind vom Wert der Verlassenschaft abhängig
Was ist das Pflegevermächtnis?
Durch die Änderung des österreichischen Erbrechts und der Einführung des Pflegevermächtnisses im Jahr 2017, werden die Pflegeleistungen Angehöriger in einer Geldleistung abgegolten. Im Erbrecht integriert man diese also neu als Pflegeverständnis. Nahe Angehörige des Verstorbenen kommen dadurch in den Genuss eines gesetzlichen Vermächtnisses. Jedoch nur, wenn Sie innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Tod den Verstorbenen mindestens 6 Monate gepflegt haben. Aber nicht nur im geringfügigen Maß.
Dabei wird angenommen, dass die Pflege mindestens 20 Stunden im Monat in Anspruch genommen hat. Die Pflege des Verstorbenen muss unentgeltlich gewesen sein und der Verstorbene muss auch tatsächlich pflegebedürftig gewesen sein. Sind diese Umstände gegeben, fördert ein Gerichts Kommissar das Pflegevermächtnis von einem im Verlassenschaftsverfahren in einem Einigungsversuch, um es zu erfüllen.
Voraussetzungen für den Anspruch
Damit ein Pflegevermächtnis in Österreich geltend gemacht werden kann, gilt es einige Voraussetzungen zu erfüllen. Diese sind mit der Einführung dieser Zuwendung im Erbrecht definiert worden und müssen vollständig erfüllt sein, um einen Vermächtnisanspruch zu erhalten.
- Eine Pflegebedürftigkeit des Verstorbenen war gegeben. Dies dokumentiert man im Normalfall durch den Erhalt von Pflegegeld.
- Die Pflege wurde durch eine nahestehende Person ausgeführt. Der Kreis der Personen ist vom Gesetz durch die gesetzlichen Erben und deren Ehegatten sowie eingetragenen Lebenspartner und ihre Kinder bestimmt. Ferner auch der Lebenspartner des Verstorbenen und dessen Kinder.
- Als Pflege gilt dabei jede Tätigkeit, die dabei hilft, einer pflegebedürftigen Person Hilfe und Betreuung zukommen zu lassen. Diese muss darauf gerichtet sein, der pflegebedürftigen Person ein selbstbestimmtes und bedürfnisorientiertes Leben zu führen.
- Die Pflegeleistung muss dabei in den letzten drei Jahren vor dem Tod des Verstorbenen erfolgt sein. Außerdem muss die Pflege für einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten geleistet worden sein. Sie muss ferner in einem nicht geringfügigen Ausmaß stattgefunden haben. Hierbei geht der Gesetzgeber von einem Richtwert von mindestens 20 Stunden pro Monat aus.
Anspruchsberechtigte Personen
Der Kreis der nahestehenden Personen, die Anspruch auf ein Pflegevermächtnis haben können, ist vom Gesetzgeber in der Bestimmung des Pflegevermächtnis ABGB definiert:
Dies soll übersicht halber nun nochmals detailliert beschrieben werden. Anspruch auf ein Pflegevermächtnis in Österreich können hiernach folgende Personenkreise beanspruchen:
- Alle Personen, die als gesetzliche Erben in Betracht kommen können. Dies sind Ehegatten, eingetragene Partner, Kinder, Enkel, Geschwister, Eltern etc. des Verstorbenen
- Personen, die als Ehegatten oder eingetragene Partner als gesetzliche Erben in Betracht kommenden Personen im Familienverbund leben und ihre Kinder
- Der direkte Lebensgefährte des Verstorbenen und seine Kinder
Berücksichtigt Pflegeleistungen
Eine Pflegeleistung ist nach dem Gesetz zum Pflegevermächtnis in Österreich immer dann gegeben, wenn eine Pflegebedürftigkeit vorliegt. Dabei steht jedoch nicht ausschließlich das physische Wohlergehen des Pflegebedürftigen im Zentrum. Auch das psychische Wohlergehen kann Gegenstand der Pflege sein. So kann es unter Umständen sein, dass die Zubereitung einer Mahlzeit für den Großvater keine Pflegeleistung ist, wenn dieser durchaus in Lage ist, seine Mahlzeiten selbst zuzubereiten.
Hingegen werde regelmäßige Besuche zum Vorlesen, Kaffee trinken oder Ausflüge machen durchaus als Pflegeleistung anerkannt. Die Pflegeleistung stellt also bei der physischen Pflege auf die Hilfsbedürftigkeit ab. Dabei meint diese jede physische Unterstützung zur Bewältigung des Alltags. Dies kann z. B. Körperpflege, An- und Entkleiden, Lebensmitteleinkauf oder Mahlzeiten zubereiten sein. Zusätzlich kann die psychische Unterstützung des Pflegebedürftigen anerkannt werden. Sie umfasst eine breite Auswahl an geeigneten Aktivitäten, die dem Wohlergehen des Pflegebedürftigen dienen, wie z. B. Vorlesen, Spaziergänge, Ausflüge, Gesellschaftsspiele etc.
Höhe des Vermächtnisanspruchs
Generell ist bei einem Pflegevermächtnis keine allgemeine Aussage zur Pflegevermächtnis Höhe der Zahlung zu machen. Das Pflegevermächtnis richtet sich an der individuellen Dauer, Art und dem Umfang aus, in dem eine Pflegeleistung erbracht wurde. Es können deshalb keine fixen Beträge zur Pflegevermächtnis Berechnung genannt werden. Ist kein Erbschaftsvermögen vorhanden oder ist die Erbschaft überschuldet, kann auch keine Geltendmachung des Anspruchs auf Pflegevermächtnis erfolgen.
Geltendmachung des Pflegevermächtnisses
Eine Geltendmachung des Pflegevermächtnisses in Österreich ist möglich, wenn bislang keine Leistung dafür erfolgt ist. Die pflegende Person muss sich bei einem Anspruch auf ein Pflegevermächtnis alles anrechnen lassen, was sie bereits durch den Gepflegten, von Dritten oder aus der öffentlichen Hand erhalten hat. Macht man ein Pflegevermächtnis im Verlassenschaftsverfahren durch einen Antrag auf Pflegevermächtnis geltend, überprüft ein Gerichts Kommissar zunächst einmal, ob und in welcher Höhe bereits Pflegegeld von der pflegenden Person bezogen wurde.
Ferner kann ein Gerichts Kommissar zwischen den Erben und einer pflegenden Person eine Vereinbarung über Pflegeleistungen initiieren, wenn darüber ein Einvernehmen besteht. Sofern diese Pflege jedoch bereits in irgendeiner Form abgegolten wurde, besteht dieser Anspruch nicht. Diese Vereinbarung kann auf freiwilliger Basis auch Leistungen umfassen, die nach der gesetzlichen Definition nicht unbedingt als Pflegeleistungen anerkannt werden. Ist jedoch die Pflegeleistung strittig und der Anspruch auf ein Pflegevermächtnis durch die Erben nicht anerkannt, bleibt in diesem Falle nur der Rechtsweg zur Geltendmachung des Pflegevermächtnis. Dies kann dann auch zu einer Pflegevermächtnis Klage führen.
Ist es möglich ein Pflegevermächtnis zu entziehen?
Grundsätzlich ist es möglich, ein Pflegevermächtnis bei Vorliegen eines Enterbungsgrundes zu entziehen. Triftige Enterbungsgründe sind beispielsweise vorsätzliche, strafbare Handlungen gegen den Gepflegten oder seine nahen Verwandten, die mit einer mindestens einjährigen Freiheitsstrafe bedroht sind. Auch der Versuch oder die Vereitelung des letzten Willens des Verstorbenen können zu einer Enterbung führen. Weitere Gründe für eine Enterbung sind auch das Zufügen schweren seelischen Leids, eine grobe Vernachlässigung familiärer Pflichten oder andere vorsätzliche Straftaten, die mit einer mindestens 20-jährigen oder lebenslangen Freiheitsstrafe geahndet werden.
So unterstützt Sie ein Anwalt beim Pflegevermächtnis
Obgleich das Pflegevermächtnis in Österreich im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens auf Antrags einer bezugsberechtigen Person geprüft wird, kann ein Anwalt für Erbrecht sie bereits im Vorfeld der Beantragung unterstützen. So klärt er Sie zum Beispiel darüber auf, welche Nachweise Sie vorlegen müssen, um Ihren Anspruch zu begründen und ob Sie einen Anspruch haben. Zudem kann ein erfahrener Rechtsanwalt künftige Erblasser dabei unterstützen, Pflegeleistungen von nahen Angehörigen per letztwilliger Verfügung zu berücksichtigen oder aber Erben, die kein Pflegevermächtnis erhalten sollen, entsprechend von diesem auszuschließen.
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FAQ: Pflegevermächtnis
Grundsätzlich besteht laut österreichischem Erbrecht nur dann ein Anspruch auf ein Pflegeverständnis, wenn nahe Angehörige alle dafür vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen. Hinzu zählen eine Pflegebedürftigkeit des Erblassers, eine nicht geringfügige Pflegeleistung und der Rang eines gesetzlichen Erben.s