Erbrecht § Erbfolge, Pflichtteilsrecht & mehr
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Erbrechtsinfo Redaktion
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- Gibt es kein gültiges Testament oder einen Erbvertrag, kommt die gesetzliche Erbfolge in Österreich zum Einsatz.
- Bei der gesetzlichen Erbfolge gibt es 4 Parentele zwischen denen unterschieden wird.
- Ehegatten haben durch das Vorausvermächtnis ein weiteres Erbrecht.
- Die gewillkürte Erbfolge kann in einem Testament, Vermächtnis, Schenkung auf den Todesfall oder Erbvertrag festgehalten werden.
- Das Pflichtteilsrecht regelt in Österreich das Forderungsrecht bestimmter Personen einem Nachlass gegenüber.
Gesetzliche Erbfolge in Österreich
Die gesetzliche Erbfolge tritt nach dem Erbrecht in Österreich nur unter bestimmten Voraussetzungen ein, nämlich dann, wenn…
- kein Testament beziehungsweise kein gültiger Erbvertrag vorliegt.
- ein vorhandenes Testament beziehungsweise ein vorhandener Erbvertrag ungültig sind.
- mit Testament oder Erbvertrag nur ein Teil des Nachlasses geregelt wurde.
- die Erben die Erbschaft nicht annehmen oder nicht annehmen können.
Die Erbfolge in Österreich ist, wie unten weiter ausgeführt, in vier Parentel gestaffelt. Demnach gibt es die Erben erster, zweiter, dritter und vierter Ordnung. Grundsätzlich zu beachten ist, dass die Erben der nächsten Ordnung immer nur dann zum Zug kommen, wenn aus der vorherigen Ordnung niemand mehr vorhanden ist. Wenn der Verstorbene keine gesonderten Regelungen in Form von Testament oder Erbvertrag getroffen hat, kommt die gesetzliche Erbfolge zum Tragen.
Für die Fälle, dass Testament oder Erbvertrag ungültig sind oder in ihnen über Teile des Vermögens nicht verfügt wird, tritt auch die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Diese sieht das Erben in einer bestimmten Reihenfolge vor. Innerhalb des gesetzlichen Erbrechts für Verwandte wird zwischen vier Parentelen unterschieden. Hier erbt die erste Parentel immer zuerst; ist von der ersten Parentel niemand mehr am Leben, geht das Erbe an die zweite Parentel über, hier gilt also das Prinzip „jung vor alt“. Innerhalb einer Parentel wird nach dem Prinzip „alt vor jung“ vererbt, Kinder erben also beispielsweise vor Enkelkindern. Im Folgenden sehen Sie auf einen Blick, wie die Unterteilung in die vier Parentelen funktioniert:
- Parentel: direkte Nachkommen (Kinder, Enkelkinder, Urenkel)
- Parentel: Eltern des Verstorbenen und deren Nachkommen (Geschwister, Neffen und Nichten)
- Parentel: Großelternpaare und deren Nachkommen (Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen)
- Parentel: Urgroßelternpaare (im Unterschied zu den anderen Parentelen nicht deren Nachkommen)
1. Parentel
In der ersten Linie, also der ersten Parentel im Erbrecht, stehen die direkten Nachkommen des Verstorbenen, also die Kinder und Kindeskinder. Sie sind die gesetzlichen Erben 1. Ordnung. Die Erbschaft wird zunächst nur unter den Kindern eines Erblassers zu gleichen Teilen verteilt. Bei bereits vorverstorbenen Kindern erben aber deren Nachkommen. Sind keine Nachkommen von vorverstorbenen Kindern vorhanden, fällt das Erbe nach dem Erbrecht den übrigen Kindern des Verstorbenen zu. Setzt ein Erblasser ein Testament auf, so muss er darauf achten, dass seine Kinder pflichtteilsberechtigt sind.
Als Pflichtteil bekommen die Kinder nach dem Erbrecht in Österreich die Hälfte Ihres eigentlichen gesetzlichen Erbes. Zu beachten ist, dass Ehepartner und eingetragene Lebenspartner wie die direkten Nachkommen eines Erblassers zu der ersten Parentel zählen. Sie haben gegenüber den Kindern eines Erblassers einen Erbanspruch von einem Drittel der Verlassenschaft. Die Verwandtschaft der ersten Linie erbt neben dem Ehegatten also zwei Drittel des Nachlasses.
Was hat es mit dem Erbrecht von unehelichen Kindern auf sich? Nichteheliche Kinder haben im Erbrecht dieselben Rechte wie eheliche Kinder. Seit dem Jahr 1991 sind eheliche und nichteheliche Kinder im Erbrecht gleichgestellt. Allerdings muss die Vaterschaft bei nichtehelichen Kindern entweder durch eine Vaterschaftsanerkenntnis oder ein Gerichtsurteil festgestellt sein.
2. Parentel
Gibt es keine Verwandten der ersten Linie oder schlagen diese das Erbe aus, fällt das Erbrecht den Angehörigen der zweiten Linie zu. Diese gesetzlichen Erben 2. Ordnung bestehen aus den Eltern des Verstorbenen sowie deren Nachkommen (Geschwister, Nichten, Neffen des Verstorbenen). Sind beide Eltern noch am Leben, wird das Erbe zu gleichen Teilen unter diesen aufgeteilt.
Ist bereits ein Elternteil verstorben, erhalten dessen Kinder oder Kindeskinder, also die Geschwister des Erblassers oder die Nichten und Neffen, den Erbteil. Gibt es jedoch keine Nachkommen des vorverstorbenen Elternteils, bekommt das andere Elternteil den Erbteil des verstorbenen Elternteils. Sind beide Eltern bereits verstorben, fällt die Erbschaft ganz an die Geschwister des Erblassers und deren Nachkommen.
3. Parentel
Die gesetzlichen Erben der 3. Ordnung sind die Großelternpaare mütterlicherseits und väterlicherseits und deren Abstammungslinie. Zu dieser zählen dann also die Onkel und Tanten beziehungsweise Cousins und Cousinen des Erblassers. Sind alle Großelternpaare am Leben, so erbt jedes Teil nach dem gesetzlichen Erbrecht ein Viertel der Verlassenschaft. Ist ein Teil bereits verstorben, treten dessen Kinder an dessen Stelle. Hat ein vorverstorbenes Großelternteil keine Kinder, erhält der dem Vorverstorbenen verbundene Großelternteil dessen Teil. Gibt es auf einer Seite gar keine Erben mehr, erhält das verbleibende Großelternpaar die gesamte Verlassenschaft.
4. Parentel
Zu den gesetzlichen Erben der 4. Ordnung zählen die Urgroßeltern des Erblassers, deren Nachkommen allerdings nicht mehr. Hier greift die sogenannte Erbrechtsgrenze, bei der die Kinder eines verstorbenen Urgroßelternteils nach dem Erbrecht kein Eintrittsrecht in die Erbschaft mehr haben. Auch hier gilt, dass das jeweils verbundene Urgroßelternteil im Falle des Vorversterbens des anderen dessen Anteil erhält. Wenn ein Urgroßelternpaar mütterlicherseits nicht mehr am Leben ist, so fällt dessen Anteil an das noch lebende Urgroßelternpaar väterlicherseits; dies gilt umgekehrt genauso.
Gesetzliches Erbrecht für Verwandte
Verwandte aus ehelicher und unehelicher Abstammung sind im Erbrecht gleichgestellt. Allerdings muss das Verwandtschaftsverhältnis entweder noch zu Lebzeiten des Verstorbenen festgestellt oder nach seinem Tod vor Gericht nachgewiesen werden. Die Erbschaftsfolge der Verwandten erfolgt im österreichischen Erbrecht in Linien, den sogenannten Parentelen.
Eine Parentel besteht im Erbrecht jeweils aus einem Stammhaupt oder einem Stammelternpaar und dessen/deren Nachkommen. Die Erbfolge im Erbrecht erfolgt linear. Das bedeutet, dass die zweite Linie nur dann erbberechtigt ist, wenn niemand aus der ersten erbt, die nähere Verwandtschaft wird also bevorzugt. Hier gilt das Prinzip „jung vor alt“, innerhalb der Parentelen gilt allerdings das umgekehrte Prinzip „alt vor jung“.
Erbrecht Geschwister
Das Erbrecht für Geschwister ist klar geregelt. Geschwister fallen unter die zweite Parentel. Innerhalb der gesetzlichen Erbfolge erben sie, wenn in der ersten Parentel niemand mehr vorhanden ist. Allerdings auch nur dann, wenn die Eltern des Verstorbenen nicht mehr leben (alt vor jung). Das Erbrecht der Geschwister sieht Folgendes vor: Vollbürtige Geschwister bekommen jeweils den Erbteil der beiden bereits verstorbenen Eltern, halbbürtige Geschwister (nur ein Elternteil gemeinsam) erhalten hingegen nur den Erbteil des vorverstorbenen gemeinsamen Elternteils. Die Eltern des Verstorbenen erben neben dem Ehegatten 1/3 des Nachlasses, wenn keine Kinder vorhanden sind. Die Geschwister des Verstorbenen sowie weitere Verwandte sind neben dem Ehegatten keine berechtigten Erben mehr.
Ehegatten Erbrecht
Ehegatten haben ein gesetzliches Erbrecht. Dessen Höhe richtet sich danach, welche Verwandten in der Erbfolge zu berücksichtigen sind. Hier das Erbrecht für Ehegatten auf einen Blick:
- Wenn der Verstorbene Kinder hinterlässt, erbt der Ehegatte ein Drittel. Sind die Kinder bereits tot, geht das Erbrecht an deren Kinder, also die Enkel des Verstorbenen, über (1. Parentel)
- Wenn der Verstorbene keine Kinder hat, erbt der Ehegatte zwei Drittel. Das restliche Drittel geht an die Eltern des Verstorbenen oder – in deren Todesfall – an deren Kinder, also die Geschwister des Verstorbenen (2. Parentel).
- Wenn es weder aus dem 1. noch dem 2. Parentel Erben gibt, erbt der Ehegatte die ganze Verlassenschaft.
Vorausvermächtnis
Ein weiteres gesetzliches Ehepartner Erbrecht ist das Vorausvermächtnis. Dieses ist vom gesetzlichen Erbteil unabhängig und besagt, dass der verbliebene Ehegatte weiterhin in der Ehewohnung bleiben und alle zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen in seinen Besitz übergehen, sofern sie für die Aufrechterhaltung der bisherigen Lebensverhältnisse benötigt werden. Lebensgefährten haben dann einen Anspruch auf ein Vermächtnis, wenn sie und der Verstorbene mindestens drei Jahre lang in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben. Das Recht auf ein Vorausvermächtnis bei Lebensgefährten ist nach dem Erbrecht in Österreich allerdings auf ein Jahr begrenzt.
Wohnungseigentum der Ehepartner
Die gemeinsame Eigentumswohnung steht nach dem Wohnungseigentumsgesetz dem verbliebenen Wohneigentumspartner und somit dem nicht verstorbenen Ehegatten zu. Es muss allerdings von dem Überlebenden, wenn es noch andere pflichtteilsberechtigte Personen gibt, ein Übernahmepreis für die Anteile des Verstorbenen an der Wohnung gezahlt werden, wobei das Geld in den Nachlass fließt und höchstens fünfzig Prozent des Verkehrswertes der kompletten Eigentumswohnung betragen darf.
Trotz der Übernahme der Wohnung besteht also nach dem Erbrecht in Österreich die Pflicht der Berücksichtigung aller Pflichtteilsansprüche. In Härtefällen kann diese Summe jedoch gestundet werden. Dem überlebenden gesetzlichen Ehegatten steht außerdem ein Unterhaltsrecht aus der Verlassenschaft zu. Dieser Anspruch ist jedoch von der Höhe der gesamten Verlassenschaft abhängig und damit begrenzt.
Witwenpension
Die Hinterbliebenenpension dient der Absicherung von Hinterbliebenen. Hier wird zwischen der Witwenpension und der Waisenpension unterschieden. Die Witwenpension ist zur Versorgung des hinterbliebenen Ehepartners, die Waisenpension zur Versorgung von minderjährigen Kindern gedacht. Die Hinterbliebenenpension muss immer beantragt werden und wird nicht automatisch ausgezahlt.
Erbrecht für Lebensgefährten
Unverheiratet zusammenlebende Paare haben in Österreich kein gesetzliches Erbrecht. Stirbt also der Lebenspartner, geht der Hinterbliebene leer aus. Abhilfe schaffen kann man hier nur in Form eines Testaments. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Lebenspartner versorgt ist. Seit der Erbrechtsreform gelten Lebensgefährten erbrechtlich nicht mehr als Fremde. Unter dem Begriff „Lebensgemeinschaft“ wird jede Art von eheähnlicher Geschlechts-, Wohn- oder Wirtschaftsgemeinschaft zusammengefasst. Der Unterschied zu einer Ehe ist darin zu sehen, dass eine Lebensgemeinschaft jederzeit und auch einseitig gelöst werden kann. Mit der Erbrechtsreform wurde ein neues außerordentliches Erbrecht für Lebensgemeinschaften beschlossen.
Dieses wird wirksam, falls kein anderer Erbe vorhanden ist und die Verlassenschaft an den Vermächtnisnehmer oder den Bund gehen würde. So erhält die hinterbliebene Lebensgefährtin oder Lebensgefährte nach dem neuen Erbrecht ein einjähriges Wohnrecht für die gemeinsame Wohnung und in dieser Zeit kann der Hausstand ebenfalls weiterverwendet werden.
Die Mindestrechte des Ehegatten kommen beim Lebensgefährten allerdings nur sehr eingeschränkt zum Einsatz. Im Ernstfall kann dieser sogar die Wohnversorgung verlieren. Deshalb ist bei unverheirateten Paaren die Absicherung des Partners mit Hilfe einer letztwilligen Verfügung im Erbrecht besonders wichtig. Im Mietrecht besteht aber eine Sonderregelung für Lebensgefährten, die besagt, dass der hinterbliebene Partner unter bestimmten Voraussetzungen ein Eintrittsrecht in den vorhandenen Mietvertrag erhält.
Lebensgefährten sind auf jeden Fall am Besten mittels Testament mit notarieller Beglaubigung abgesichert. Wurden Kinder in einer Lebensgemeinschaft gezeugt, sind diese erbberechtigt, wenn die Vaterschaft anerkannt oder bewiesen wurde. Gibt es außereheliche Kinder, werden sie nach den Eltern den ehelichen Kindern vor dem Gesetz gleichgestellt.
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Wie begünstigt das Testament den Lebensgefährten?
Lebenspartner haben im Erbrecht Erbansprüche, jedoch keinen Anspruch auf ein Pflichtteil. Sie erben in der gesetzlichen Erbfolge nur dann, wenn kein gesetzlicher Erbe vorhanden ist, der die Verlassenschaft rechtmäßig erben kann, was in der Praxis äußert selten der Fall ist. Allerdings gibt es im Erbrecht in Österreich die Möglichkeit, Lebensgefährten im Testament abzusichern oder über eine Lebensversicherung zu begünstigen. Dies ist ein sicherer Weg, weil die Deckungssumme einer Lebensversicherung nicht der Verlassenschaft hinzugerechnet wird.
Erbrecht bei eingetragener Lebenspartnerschaft
Eingetragene Lebenspartner sind Ehegatten gleichgestellt, besitzen also genau wie sie ein gesetzliches Erbrecht. Das gesetzliche Erbrecht spielt eine Rolle, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt, aber auch für die Höhe eines Pflichtteilsanspruchs. Demzufolge gilt für eingetragene Lebenspartner dasselbe wie für Ehegatten: Hat der Verstorbene Kinder, erbt der eingetragene Lebenspartner ein Drittel. Wenn der Verstorbene keine Kinder hat, erbt der eingetragene Lebenspartner zwei Drittel; das verbleibende Drittel geht an die Eltern des Verstorbenen und deren Nachkommen. Alles erbt der eingetragene Lebenspartner dann, wenn weder Nachkommen noch Eltern oder deren Nachkommen vorhanden sind.
Gewillkürte Erbfolge
Neben der gesetzlichen Erbfolge gibt es die sogenannte gewillkürte Erbfolge. Mit dieser hat der zukünftige Erblasser zu Lebzeiten die Möglichkeit, die Erbfolge zu Lebzeiten selbst zu regeln. Die gewillkürte Erbfolge ist ein Aspekt der im österreichischen Erbrecht verankerten Testierfreiheit. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um die Vermögensnachfolge bereits zu Lebzeiten zu regeln. Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über die einzelnen Gestaltungsformen der gewillkürten Erbfolge und im Anschluss eine kurze Erläuterung zu jedem Punkt. Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der gewillkürten Erbfolge auf einen Blick:
- Testament (bzw. letztwillige Verfügung)
- Vermächtnis
- Schenkungen auf den Todesfall
- Erbvertrag
Testament & Vermächtnis
Mithilfe eines Testaments legt der Erblasser zu Lebzeiten einen oder mehrere Erben fest. Ebenso kann der Erblasser bestimmen, ob die von ihm bestimmten Erben zu gleichen Teilen erben oder zu ungleichen. Wenn der Erblasser sein Erbe zu ungleichen Teilen vererben möchte, muss er eine sogenannte Erbquote festlegen. Legt der Erblasser nur für einen Erben eine Erbquote fest, erben alle anderen den Rest zu gleichen Teilen.
Ein Vermächtnis betrifft nie die gesamte Verlassenschaft des Erblassers, sondern immer nur bestimmte Teile. Beispielsweise kann ein bestimmter Wertgegenstand, eine Immobilie oder ein festgelegter Geldbetrag Gegenstand eines Vermächtnisses sein. Allerdings ist hier zu beachten, dass der Vermächtnisnehmer nach dem Tod des Erblassers nicht automatisch zum Eigentümer des Vermächtnisgegenstandes wird: Zunächst erhält er nur einen schuldrechtlichen Anspruch wie in § 649 ABGB geregelt.
Schenkungen auf den Todesfall & Erbvertrag
Mithilfe einer Schenkung auf den Todesfall kann der Erblasser, in diesem Fall der Geschenkgeber, zu Lebzeiten verfügen, dem Geschenknehmer eine bestimmte Sache zu schenken. Wenn sich der Geschenkgeber vertraglich kein Widerrufsrecht vorbehält, geht die Sache nach dem Tod in den Besitz des Geschenknehmers über. Darüber hinaus bedarf eine Schenkung auf den Todesfall eines Vertrags zwischen Geschenkgeber und Geschenknehmer.
Ehegatten und eingetragene Lebenspartner haben die Möglichkeit, einen Erbvertrag zu schließen. Dieser regelt die meist gegenseitige Erbeinsetzung der beiden Vertragsparteien.
Formerfordernisse bei der gewillkürten Erbfolge
Die oben genannten Gestaltungsmöglichkeiten der gewillkürten Erbfolge bringen alle bestimmte Formerfordernisse mit sich. Wenn die jeweiligen Formerfordernisse nicht eingehalten werden, ist die jeweilige letztwillige Verfügung nicht gültig. Eine Schenkung auf den Todesfall beispielsweise erfordert einen Notariatsakt. Es ist also dringend zu empfehlen, sich im Zweifelsfall an einen auf Erbrecht spezialisierten Anwalt zu wenden. Dieser kann Ihnen alle Fragen beantworten und Sie vor ärgerlichen Formfehlern schützen.
Erben mit Pflichtteilsrecht
Trotz der Möglichkeit einer gewillkürten Erbfolge beziehungsweise der Testierfreiheit, gibt es in Österreich eine das Erbrecht betreffende gesetzliche Einschränkung: das Pflichtteilsrecht. Das Pflichtteilsrecht regelt das Forderungsrecht bestimmter Personen einem Nachlass gegenüber. Allerdings gilt hier zu beachten, dass sich der Anspruch auf bestimmte Geldsummen, nicht aber auf Verlassenschaftsgegenstände erstreckt.
Um im Einzelfall zu ermitteln, ob ein Pflichtteilsanspruch besteht, müssen die Bestimmungen über die gesetzliche Erbfolge zurate gezogen werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass der Pflichtteilsberechtigte zu Lebzeiten des Erblassers auf sein Pflichtteil verzichtet. Durch das Pflichtteilsrecht wird die Testierfähigkeit eines Erblassers eingeschränkt. Das Pflichtteilsrecht sichert einem bestimmten gesetzlich geregelten Personenkreis auch bei der gewillkürten Erbfolge im Erbrecht einen bestimmten Pflichtanteil am Erbe zu. Durch diese Regelung im Erbrecht sollen dem Erblasser besonders nahestehende Verwandte geschützt werden.
Pflichtteilsberechtigte Personen
Pflichtteilsberechtigte Personen sind zum einen die Nachkommen des Erblassers, also dessen Kinder, Kindeskinder und so fort. Zum anderen haben Ehegatten und eingetragene Lebenspartner einen Anspruch auf den Pflichtteil. Vom Pflichtteil ausgeschlossen sind Lebensgefährten und geschiedene Partner.
Pflichtteilshöhe & Berechnung des Pflichtteils
In Österreich wird die Höhe des gesetzlichen Pflichtteils durch das gesetzliche Erbrecht geregelt. Dieses sieht eine bestimmte Pflichtteilsquote vor: Sowohl die Nachkommen als auch Ehegatten und Lebenspartner erhaltendie Hälfte dessen, was ihnen als gesetzliche Erben zustehen würde.
Die genaue Höhe des Pflichtteils wird anhand des Nachlasses berechnet. Der Nachlass ergibt sich aus der Differenz aller Aktiva und Passiva. Die Aktiva beinhalten alle Vermögenswerte und Forderungen des Erblassers, die Passiva Erblasserschulden und Erbfallschulden. Für den Fall, dass der Pflichtteilsberechtigte bereits zu Lebzeiten des Erblassers Zuwendungen erhalten hat, die zum Pflichtteil hinzugerechnet werden können, kann sich der Pflichtteil nach dem Tod des Erblassers verringern. Holen Sie hier im Zweifelsfall den kompetenten Rat eines auf Erbrecht spezialisierten Anwalts ein.
Pflichtteilsanspruch und dringendes Wohnbedürfnis
Das Erbrecht sieht vor, dass ein pflichtteilsberechtigter Hinterbliebener mit dringendem Wohnbedürfnis gegenüber der Verlassenschaft trotz den Mindestanteils am Eigentumserwerb zunächst keine Zahlungspflichten hat. Maßgebend sind hier aber die weiteren Ausführungen.
Vorliegen weiterer Pflichtteilsberechtigter oder Überschuldung
Sind weitere Pflichtteilsberechtigte vorhanden, muss der überlebende Partner den verminderten Übernahmepreis von einem Viertel des Verkehrswerts der Wohnung in die Verlassenschaft zahlen. Das gilt auch für den Fall, dass der Nachlass überschuldet ist. Allerdings kann hier eine Ratenzahlung bewilligt werden.
Entzug des Pflichtteils
Unter bestimmten Umständen ist es dem Erblasser möglich, bestimmte Personen durch letztwillige Verfügung vom Erbe des Pflichtteils auszuschließen. Allerdings ist eine solcher Pflichtteilsentzug nur unter bestimmten Voraussetzungen gültig:
- Es muss ein Enterbungsgrund vorliegen. Wenn der Pflichtteilsberechtigte beispielsweise strafbare Handlungen begeht, die mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet werden, ist eine Enterbung möglich. Lassen Sie sich im Zweifelsfall vom Anwalt Ihres Vertrauens beraten.
- In Sonderfällen kann aus sogenannter guter Absicht enterbt werden. Ist beim Pflichtteilsberechtigten beispielsweise eine Spielsucht nachweisbar, die die Sorge begründet, der Pflichtteil würde in kürzester Zeit verschwendet, ist eine Enterbung ebenso möglich.
Stundung des Pflichtteils
Seit dem Erbrechts-Änderungsgesetz aus dem Jahre 2015 ist eine sogenannte Pflichtteilsstundung möglich. Diese wird üblicherweise dann in Anspruch genommen, wenn ansonsten die wirtschaftliche Existenz des Pflichtteilsschuldners bedroht wäre. Normalerweise läuft eine Pflichtteilsstundung maximal über fünf Jahre. In Ausnahmefällen kann sie allerdings gerichtlich auf bis zu zehn Jahre verlängert werden.
Verlassenschaftsverfahren
Im österreichischen Erbrecht dient das Verlassenschaftsverfahren der Feststellung des Vermögensstandes einer Verlassenschaft. Anschließend wird die Verlassenschaft dem Erben übereignet. Das Verlassenschaftsverfahren ist der Grundpfeiler des österreichischen Erbrechts. So wird sichergestellt, dass sich niemand nach dem Tod einer Person dessen Besitz eigenmächtig aneignet. Wenn Sie mehr Informationen haben möchten, werfen Sie einen Blick auf unseren Artikel über das Verlassenschaftsverfahren und dessen Kosten.
Erbschaftssteuer
Die Erbschaftssteuer wurde in Österreich am 31. Juli 2008 abgeschafft. Das Erbrecht in Österreich sieht also keine Erbschaftssteuer mehr vor. Steuerliche Belastungen ergeben sich bei Erbschaften seitdem hauptsächlich aus der Grunderwerbssteuer für den Fall, dass Immobilien oder Liegenschaften zum Nachlass zählen. Die Schenkungssteuer wurde in Österreich ebenfalls abgeschafft. Nähere Informationen zur Schenkung und dem Schenkungsvertrag finden Sie hier.
Erbrechtsreform in Österreich
Weil zum 2. Jänner 2017 die österreichische Erbrechtsreform in Kraft getreten ist, möchten wir Sie hier über die wichtigsten Änderungen informieren. Die grundlegende Reform des österreichischen Erbrechts gilt für alle Todesfälle ab Inkrafttreten der Erbrechtsreform. Die neue Rechtslage sieht vor, dass eine letztwillige Verfügung zugunsten des Ehepartners im Falle einer Scheidung automatisch aufgehoben wird. Natürlich besteht die Möglichkeit, im Testament zu vermerken, wenn eine Aufhebung im Falle einer Scheidung nicht gewünscht ist. Gleiches gilt auch für eingetragene Lebenspartnerschaften.
Außerordentliches Erbrecht von Lebensgefährten
Nach dem alten Erbrecht wurden Lebensgefährten nicht berücksichtigt, es sei denn, sie wurden vom Erblasser letztwillig bedacht. Nun gilt die Regel, dass Lebensgefährten dann ein außerordentliches Erbrecht haben, wenn sie mindestens drei Jahre mit dem Verstorbenen im gemeinsamen Haushalt gelebt haben und der Verstorbene zum Todeszeitpunkt nicht verheiratet war oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gelebt hat, und kein testamentarischer Erbe vorhanden ist. Selbstverständlich können Lebensgefährten nach wie vor gesondert im Testament bedacht werden. Darüber hinaus darf der Lebensgefährte maximal ein Jahr in der gemeinsamen Wohnung verbleiben, wenn die Voraussetzungen für das außerordentliche Erbrecht erfüllt sind.
Erweiterung der Enterbungsgründe
Wer Pflichtteilsberechtigten ihr Erbe entziehen will, muss einen Enterbungsgrund angeben. Diese wurden mit der Erbrechtsreform erweitert. Nun können nicht nur Straftaten gegen den Angehörigen, sondern auch solche gegen nahe Angehörige zur Enterbung führen. Voraussetzung ist, dass diese mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht sind. Darüber hinaus können sogenannten grobe Verletzungen der Pflichten aus dem Eltern-Kind-Verhältnis zur Enterbung führen. Wann dies im Einzelnen der Fall ist, muss von Sachlage zu Sachlage geprüft werden. Als Enterbungsgrund gestrichen wurde der Grund der „beharrlichen Führung einer gegen die öffentliche Sittlichkeit anstößigen Lebensart“.
Verzeiht der Erblasser dem Erben den Erbunwürdigkeitsgrund, wird die Erbunwürdigkeit aufgehoben.
Pflegevermächtnis
Auch die Pflegeleistung naher Angehöriger wird nun durch die Erbrechtsreform berücksichtigt. Sind bestimmte Voraussetzungen erfüllt, steht bestimmten Personen auch ohne Anordnung durch den Verstorbenen ein Pflegevermächtnis zu. Um durch die erbrachte Pflegeleistung Anspruch auf ein Pflegevermächtnis zu haben, müssen folgende Punkte zutreffen. Die Pflege:
- wurde durch einen nahen Angehörigen erbracht.
- umfasste innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Tod des Verstorbenen mindestens sechs Monate.
- wurde nicht nur im geringfügigen Ausmaß, sondern mit durchschnittlich mehr als 20 Stunden monatlich ausgeführt.
- wurde unentgeltlich erbracht.
Änderungen der Formvorschriften bei Testamenten
Die Formvorschriften für Testamente wurden durch die Erbrechtsreform in Österreich geändert. Unter anderem ist es jetzt möglich, dass mündige Minderjährige bei einem Nottestament als Testamentszeugen fungieren. Ansonsten ist insbesondere das sogenannte fremdhändige Testament von der Reform betroffen. Das müssen Sie beachten:
- Nach wie vor kann das fremdhändige Testament auf einer Schreibmaschine, mit einem Computer oder handschriftlich (auch von anderen Personen als dem Erblasser) verfasst werden.
- Der Erblasser muss das Schriftstück eigenhändig unterzeichnen.
- Die Unterschrift bedarf eines handschriftlichen Zusatzes, aus dem hervorgeht, dass das Testament den letzten Willen enthält.
- Alle drei Testamentszeugen müssen bei der Unterzeichnung anwesend sein und mit Namen, Geburtsdatum und Adresse im Testament genannt werden und als Testamentszeugen unterschreiben.
- Als Zeugen fungieren können nicht die Erben, deren Ehegatten oder Kinder und die Lebensgefährten beziehungsweise eingetragenen Lebenspartner des Erblassers.
Erben im EU- Ausland
Seit der EU-Erbrechtsverordnung ist klar geregelt, welches Erbrecht in den EU-Mitgliedsstaaten bei internationalen Erbfällen gilt. Zusätzlich gilt nun, dass nicht mehr automatisch die Staatsbürgerschaft über das zu anwendende Erbrecht entscheidet, sondern der Aufenthaltsort zum Zeitpunkt des Todes. Wenn Sie sichergehen möchten, dass die Anwendung des Erbrechts von Ihrer Staatsangehörigkeit abhängt, können Sie dies im Testament durch die Rechtswahl verfügen.
So kann Ihnen ein Anwalt rund um das Erben helfen
Es ist in Erbfragen grundsätzlich empfehlenswert, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein auf Erbrecht spezialisierter Anwalt kann Sie beraten und unterstützen. Für Laien ist das Erbrecht und oftmals schwer zu durchschauen und die ein oder andere wichtige Formalität schnell vergessen. Das kann im Falle des Falls für Hinterbliebene unangenehme Folgen haben.
Wer auf Nummer sicher gehen möchte, verlässt sich auf die Expertise spezialisierter Anwälte für Erbrecht. Ein Anwalt für Erbrecht kann Sie nicht nur beraten, sondern kann Ihren Pflichtteilsanspruch prüfen, Ihr Testament auf Richtigkeit prüfen und sich um Ihr erbrechtliches Anliegen kümmern. Um einen ersten Überblick zu erhalten und Ihre Fragen beantwortet zu bekommen, vereinbaren Sie eine Erstberatung zum Fixpreis!
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